Mementotag 8.8.2023

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Luftballons und Rosen. Im Café LaPorta ging es heute um Leben und Tod.

„End-lich leben“ hat die Hospizhilfe Büdinger Land e.V. ihren Info-Nachmittag (am internationalen Memento-Tag) überschrieben. Entsprechend dreht sich die Präsentation nicht nur um ein möglichst gutes Sterben, sondern auch um ein erfülltes Leben davor. Was will ich noch erleben? Wie wünsche ich mir mein eigenes Ende? Welche Vorkehrungen kann ich treffen? Wie gehe ich mit sterbenden Angehörigen um?

„Viele Menschen sagen sofort: Das sind wichtige Themen. Aber in diesem Moment passt es gerade nicht“, weiß Hospizhelferin Uschi Karthaus (, die den Gästen selbstgebackene Kuchen und Torten der Ehrenamtlichen serviert). Dabei lässt sich mit ein paar Vorkehrungen nicht nur zusätzlicher Stress in belastenden Situationen vermeiden. Auch den Wünschen Sterbender wird man auf diese Weise besser gerecht.

Besucherin Ulrike Abdul Nour hat die wichtigsten Fragen für sich bereits geklärt. „Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, alles geregelt“, erzählt sie, „beim Tod meines Vaters habe ich erfahren, wie wichtig das ist.“ Hätte es der Patient zuvor nicht ausdrücklich geregelt - die Ärzte hätten ihr keine Auskünfte geben dürfen, „nicht einmal mir als leiblicher Tochter“, berichtet sie.

An den Info-Tischen studieren Besucher mehrere Muster-Vollmachten. Angelika Hellwig blättert in der „Wichtig-Mappe“, die beim hessischen Sozialministerium kostenlos erhältlich ist (publikationen@hsm.hessen.de oder Telefon HABE ICH ANGEFRAGT, REICHE ICH NACH). Die Formulare fragen alles ab, was im Notfall wichtig werden könnte – von Adressen lieber Menschen über medizinische Daten bis hin zu Vorlieben bei Essen, Musik und Alltagsroutinen. „Eine prima Sache“, findet die Kindergärtnerin, „sogar an die Wüsche für die Haustiere ist gedacht.“ Ein anderer Tisch widmet sich der Frage des  digitalen Nachlasses, Stichwort: Facebook, WhatsApp, Amazon. Auch hier empfiehlt es sich, für den Todesfall einen Vertrauten mit der Regelung zu beauftragen. Muster-Listen gibt es z.B. bei der Verbraucherzentrale.

Viele der Gäste an diesem Nachmittag treibt allerdings die ganz konkrete Not eines sterbenden Angehörigen um. In den persönlichen Gesprächen mit den ehrenamtlichen Hospizhelferinnen fließt auch die eine oder andere Träne. „Spricht Ihr Mann denn über seine Sorgen und Gefühle?“, fragt Ursula Pillar-Zimmermann eine pflegende Ehefrau. Die alte Dame schüttelt betrübt den Kopf. Die Vereins-Vorständin bietet ihr Besuche und konkrete Hilfen an. „Damit sie auch mal ein, zwei Stunden für sich haben.“ Und: „Manchmal fallen Gespräche mit einem unbekannten Dritten leichter.“

Die Präsentation stellt auch ein paar Hilfsmittel vor, die das Befinden von Sterbenden verbessern können. Wärme und vertraute Gerüche gehören dazu, Handschmeichler, Plüschtiere. Eine offene Zimmertür gibt manchem das Gefühl, am Leben weiterhin teilzuhaben.

Auch Bestatter Kevin Haupt aus Gedern hat sich an diesem Nachmittag eingefunden, um über verschiedene Arten der Beisetzung zu informieren. Für die Hospizhilfe e.V. hat er außerdem ein Geschenk dabei: einen Scheck über 1000 Euro als Spende. „Die Ehrenamtlichen bieten Sterbenden und ihren Angehörigen Halt und Hilfe“, weiß er. „Diese wichtige Arbeit möchte ich unterstützen.“ Der Vorstand bedankte sich bei ihm und auch bei der evangelischen Kirche, die ihre Räume für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt hatte.

Drei Stunden lang herrscht Kommen und Gehen. Immer wieder ziehen sich Besucherinnen und Besucher mit einer der ausliegenden „Löffel-Listen“ (englisch „Bucket List“) in eine Ecke zurück. Was möchte ich noch tun in diesem Leben, bevor ich – ja – „den Löffel abgebe“? Manche überlegen lange, bei anderen fliegt der Stift über das Papier. Wie ein Motto prangt ein Zitat des Schriftstellers Paulo Coelho über ihren Köpfen: „Eines Tages wirst Du aufwachen und keine Zeit mehr haben für die Dinge, die du immer wolltest. Tu sie jetzt.“ Denn irgendwann kann es zu spät sein.

Bildunterschrift Foto seitlich: Bestatter Kevin Haupt (Mitte) überreichte Vertreterinnen der Hospizhilfe einen Scheck über 1000 Euro (von links: Petra Albus, Ulrike Kranz-Betz, Ute Beckmann, Solveig Krabbenhöft-Wiegand, Ursula Pillar-Zimmermann)

Verfasserin: Ulrike Ruppel